Kopie von `Universalmuseum Joanneum`

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Kategorie: Kunst, Musik und Kultur > Kompetenzzentrum für Museologie und Kunst
Datum & Land: 28/02/2011, De.
Wörter: 123


Denkmal
siehe auch Erinnerungssymbole

Denkmalpflege
siehe auchveralten

Diebstahl
In Italien wird jedes Jahr ein ganzes Museum geklaut. Dies ist das Ergebnis einer Studie des italienischen Instituts für Politik-, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften (ISPES) und der Polizei, die die Diebstähle der letzten 20 Jahre untersucht. Demnach wurden in Italien insgesamt rund 300.000, pro Jahr also etwa 15.000, Kunstgegenstände als gestohlen gemeldet †” soviel wie ein komplettes Museum beherbergt. Dabeist es für die Polizeimmer schwieriger, die wertvollen Stücke wiederzufinden. Wiener Zeitung, 13. 12. 1991

Blick
Kaum eine andere Institution schafft so viele Blick-Szenarien wie das Museum: den ordnenden Blick, den fragenden Blick, den begehrlichen Blick, den beobachtenden Blick, den toten Blick, den flüchtigen Blick, den teilnehmenden Blick, den trügerischen Blick, den bösen Blick... So eröffnet sich ein differenziertes Feld von Phänomenen der visuellen Kultur, die über die Institution Museum weit hinaus weisen. Die Ideologie des `reinen Sehens' ebenso wie das Sehen als das vorherrschende Paradigma der Erkenntnis oder als Garant der Transparenz sind obsolet geworden. Aktuelle kulturwissenschaftliche Theorien gehen von einer Dichte des Sehens aus, von einer Reihe von Filtern aus sozialen Normen und kulturellen Faktoren, die zwischen Sehendem und Gesehenem wirksam werden. Unter diesem Aspekt wäre auch im Hinblick auf Ausstellungen zu fragen: Was wird von wem zu Sehen gegeben? Und was wird wie gesehen und mit welchem Effekt? Regina Wonisch

Berührungsverbot
(Berührungsverbot, -tabu) LIEBE BESUCHER! Wir bitten Sie, die Kunstwerke nicht zu berühren .. Wir hoffen, daß auch kommende Generationen die hier ausgestellten Exponate genießen können - im bestmöglichen Zustand. Kunstwerke sind besonders empfindlich und können durch bloßes Angreifen unwiederbringlich zerstört werden. Es ist eine traurige Tatsache, daß die meisten Schäden durch unachtsame Berührungen verursacht werden. Auf den ersten Blick mag es harmlos erscheinen, die Hand leicht über die Oberfläche eines Gemäldes streichen zu lassen. Wenn aber hunderte Besucher einer Ausstellung dasselbe tun, wird das Werk ruiniert. Auch Skulpturen sind nicht so massiv und widerstandsfähig wie sie aussehen. Die Haut des Menschen hinterläßt fast nicht wahrnehmbare Spuren von Feuchtigkeit; Schmutz und Fett, die die Oberfläche einer Bronze zerstören oder Stahl rosten lassen. Eine achtlose Geste kann eine Arbeit aus Gips oder Glas zerbrechen oder völlig vernichten. Um zu vermeiden, daß jemand hinterrücks in einem Gemälde anstreift oder durch Unachtsamkeit ein Werk umstößt, ersuchen wir Sie auch, große Taschen und Rucksäcke an der Garderobe abzugeben, Vielen Dank für Ihr Verständnis und Ihre Mithilfe, Kunstobjekte auch für die Zukunft zu erhalten. KUNSTHALLE Wien (1998)

Berührung
Ein Gegenstand in einer Museumsvitrine muß die der Natur entfremdete Existenz eines Tieres im Zoo ertragen. In einem Museum stirbt der Gegenstand - An Erstickung und den starren Blicken des Publikums -, während der Privatbesitz dem Besitzer das Recht und die Notwendigkeit der Berührung zugesteht. So wie ein kleines Kind die Hand ausstreckt, um das Ding, das es benennt, zu ergreifen, so stellt der leidenschaftliche Sammler, das Auge im Einklang mit seiner Hand, für den Gegenstand die lebensspendende Berührung seines Herstellers wieder her. Der Feind des Sammlers ist der Museumskurator. Im Idealfall sollten Museen alle fünfzig Jahre geplündert und ihre Sammlungen wieder in Umlauf gebracht werden... Bruce Chatwin

Besucher/innen
Ein großes, sehr großes, kleineres oder mittelgroßes Gebäude in verschiedene Räume geteilt. Alle Wände der Räume mit kleinen, großen, mittleren Leinwänden behängt. Oft mehrere Tausende von Leinwänden. Darauf durch Anwendung der Farbe Stücke Natur gegeben: Tiere in Licht und Schatten, Wasser trinkend, am Wasser stehend, im Grase liegend, daneben eine Kreuzigung Christi, von einem Künstler dargestellt, welcher an Christus nicht glaubt, Blumen, menschliche Figuren sitzend, stehend, gehend, auch oft nackt, viele nackte Frauen (oft in Verkürzung von hinten gesehen), Äpfel und silberne Schüsseln, Porträt des Geheimrats N, Abendsonne, Dame in Rosa, fliegende Enten, Porträt der Baronin X, fliegende Gänse, Dame in Weiß, Kälber im Schatten mit grellgelben Sonnenflecken, Porträt Exzellenz Y, Dame in Grün. Dieses alles sorgfältig in einem Buch gedruckt: Namen der Künstler, Namen der Bilder. Menschen haben diese Bücher in der Hand und gehen von einer Leinwand zur andren und blättern und lesen die Namen. Dann gehen sie fort, ebenso arm oder reich, wie sie eintraten und werden sofort von ihren Interessen, die gar nichts mit der Kunst zu tun haben, absorbiert. Warum waren sie da? Wassiliy Kandinsky, 1912

Baedeker
Hat das ausgestellte Ding für alle Betrachter dieselbe Bedeutung? - Hier stellt sich die Frage nach dem pädagogischen Museum. Für den Bildungsbürger des 19. Jahrhunderts war die Bedeutung frei: Der Gegenstand sollte gezeigt werden, was der Betrachter sich denkt, entsprach seiner eigenen Vorbildung oder Phantasie. Der ewig zu preisende Baedeker kam diesem Paradox, daß ein Ding Bedeutung hat, aber man weiß nicht, welche, durch eine geniale Erfindung entgegen: das *. Das * heißt, Du mußt in Rom in das *Thermen-Museum, Du kannst dort an Hunderten von Gegenständen vorbeieilen, solltest aber vor dem *Ludovisischen Thron stehenbleiben, denn ... ja, weiter wird durch das * nichts gesagt. Der Ludovisische Thron hat Bedeutung, es ist aber die Bedeutung, die Du ihm beilegst. Dennoch sind wir uns alle einig, daß der Ludovisische Thron mehr Bedeutung hat als die Köpfe mit und ohne Nase ringsum im Thermen-Museum - welche Bereicherung, welche Verarmung bringt demgegenüber die Erklärung! Lucius Burckhardt: Wie kommt der Müll ins Museum?

Aufseher
Museum Guard 1975 Die Hauptargumente gegen die Ausbildung der Museumswärter, dagegen, dass das Museum seinen Bildungsauftrag im eigenen Hause beginnt, lauten: Der Mensch ist unglücklich, wenn er mehr kann, als wofür er bezahlt wird. Man unterhöhlt sein berufliches Selbstbewußtsein, wenn man ihn mit einem Eingeweihtenwissen vertraut macht, das einem höheren Berufsstatus entspricht. Wenn der Museumswärter weiß, was er bewacht, dann vernachlässigt er das, wofür er bestellt ist: aufzupassen. Ein Wärter, der ein Interesse für die Objekte entwickelte, die er bewacht, könnte zu der Einsicht kommen, daß das bewachte Kunstwerk eines der prekärsten Ergebnisse der Kunstgeschichte ist. Ob solcher Einsicht wäre er schwer relegierbar. Ein ausgebildeter Museumswärter wäre für die Besucher eher eine Belästigung als eine Hilfe. Die Besucher sollten ihre Ruhe haben zur tiefen, stillen, ungestörten Versenkung. Der Wärter soll nicht danebenstehen und unruhig auf die Sekunde warten, da er sein Wissen loswerden kann. Wenn schon nicht zu vermeiden ist, daß Wärter gelegentlich Preise und Werte, Anekdoten und Zoten verfügbar haben, dann soll doch eine fundiertere Kenntnis nicht unkontrolliert ein Informationsmonopol usurpieren, das den Wissenschaftlern von oben gehört. Die Argumente sind spezifische Varianten der in der Gesamtgesellschaft praktizierten Herrschaft.

Ausgliederung
Dem allgemeinen Trend zur Verselbständigung und Dezentralisierung sowie der staats- und wirtschaftspolitischen Zielvorgabe, nämlich der Beschränkung staatlicher Einflußnahme auf die gesetzlichen Pflichten der Bundesmuseen und der Produktivitätssteigerung bezumindest gleichbleibenden Kosten für den Bund, soll dieser Gesetzesentwurf Rechnung tragen. Gesetzesentwurf 5/1998 Erläuterungen Es sollen aus den Museen 'moderne und kundenorientierte Serviceeinrichtungen gemacht werden.†` Gesetzesentwurf 5/1998

Aura
Die Aura einer Erscheinung erfahren, heißt, sie mit dem Vermögen belehnen, den Blick aufzuschlagen. Walter Benjamin: Passagenwerk WA I. 2, 646/7

Audience Development
Der anglo-amerikanische Begriff Audience Development hat mit Beginn des 21. Jahrhunderts auch in der deutschsprachigen Museumswelt Eingang gefunden, ohne, dass klar herauskommt, was unter diesem Begriff eigentlich zu verstehen ist. Es gibt kaum theoretische Abhandlungen darüber, noch gibt es allgemein gültige Definitionen. Audience Development scheint alles zu inhalieren, was mit Besucher- und Zielgruppenarbeit zu tun hat, vom Abbauen von Barrieren, die verhindern, dass Menschen überhaupt ins Museum kommen, bis hin zur Einbeziehung von Besucherbedürfnissen in die strategische Ausrichtung von Museen.

Auskunft
(Auskunft, Erklärung und Überblick) Auskunft, Erklärung und Überblicksbeschaffung können mehr geschickt verknüpft sein oder schematisch erteilt werden, zu knapp, zu gesprächig, abschweifend, ignorant, alles kann vorkommen. Aber auch anders: mit Gespür für Teilnehmende, mit Rücksicht auf die besonderen Momente naher flüchtiger Betrachtung. Die Sprecher können eigene tiefere Kenntnisse und Anschauungen durchblicken lassen, Ergänzungen der Besucher verarbeitend aufnehmen und der Resonanz ihres Erlebens Raum geben. Eine Führung ist in einem ertragbaren Sinn erfolgreich, wenn sie Vorerwartungen und Schausammlungsbestände zusammen moderiert und Gefährdungen der Ordnung durch ein mit den Umständen wenig vertrautes Publikum mit dessen Interessen am spontanen Augenblick in ein gangbares Verhältnis stellte. Frank Jürgensen siehe auch FührungMuseumspädagogik

Authentizität
In einer doppelten Kehrtwendung spielt die Künstlergruppe 20228-0000042945 (AlJanka, Florian Reither, Tobias Urban) in der Ausstellung Coming up (Museum moderner Kunst Sammlung Ludwig, 1996) mit der Sehnsucht nach Authentizität, indem sie einerseits handgemalte Bilder der Gorilla-Dame Nonja und andererseits die Angestellte eines Wiener Taxi-Unternehmens ausstellt. In einer Welt der Reproduktionen, der Fakes und Simulationen wird die Suche nach dem Ursprung der Geschehnisse mitunter geradezu öbszön. Dorthin, wo ein Anfang vermutet wird, langt der Arm der Authentizitäts-Konstrukteure. Die Suche nach dem Authentischen ist die Hoffnung, an das ganz Wahre heranzukommen. Sie wirkt mitunter wie eine Sucht, sich von der Last des Symbolischen zu befreien. Keine verkomplizierende Vermittlung durch Sprache oder sonstige sublime Konstruktionen mögen zwischen die Körper der Dinge / Wesen und die Körper der Wahrnehmenden treten. Mit dem Verschwinden der Sprache soll, so die Hoffnung, auch die Zeit ineins fallen. Jetzt ist damals und hier ist dort. Darum sprechen die in den Dingen eingeschriebenen inkorporierten Lebensspuren (Gottfried Korff) wahr. Man muß jedoch auch sie erst lesen können, um sie wahrzunehmen. Womit Authentizität zum Wiedererkennen gerinnt, welches immer schon ein Verkennen sein muß. Eva Sturm

Ausstellung
Ausstellen ist Deuten mit anschaulichen Mitteln. Dabesoll mehr und anderes geschaffen werden, als eindimensionale Erklärungszusammenhänge von Objekt und Text. Inszenierungen sollen vielmehr durch das absichtsvolle Arrangement von Original, Medien und anderen Ausstellungsmitteln Kontexte schaffen, die auf die Vermittlung vernetzter Bezüge und Wech­selwirkungen hin angelegt sind. Ulrich Paatsch: Konzept Inszenierung. Heidelberg 1990 S.8

Asservat
Ein in amtliche Verwahrung genommener, für eine Gerichtsverhandlung als Beweismittel wichtiger Gegenstand.

Anderes
siehe auch FremdesXenologie

Artefakt
Künstliches (im Gegensatz zum natürlichen) Produkt. In der Museologie häufig statt Ding, Objekt oder Exponat gebraucht, wenn es um die Betonung des Hergestellten geht.

Animation
Europäischer Aberglaube nimmt an, Naturvölker seien so naiv, Steine, Hölzer und anderes banales Material für beseelt zu halten (Anima = lat. Seele, animistisch = beseelt). Wer sich ein solches Objekt auf den Leib holt, wolle sich in die Verfügungsgewalt der guten Geister gegen die bösen begeben. Diese europäische Naivität spiegelt sich auch in der Auffassung, böse Geister, ja der Teufel, könnten von einem Menschen Besitz nehmen. Seit der Renaissance bemühen sich Künstler, die gestalterischen Verlebendiger toten Steins und stumpfer Erden, um Aufklärung des Aberglaubens. Pisanello führte die Berufsbezeichnung Zoographos für Künstler ein. Der Anspruch, Leben zu schaffen wie der christliche Schöpfergott oder Leben zu gebären wie die Mütter, war nicht so skandalträchtig gemeint wie er verstanden wurde. Pisanello entdeckte, daß durch die gestalteten Werke die Betrachter, die Zuschauer, die Zuhörer, die Leser beseelt werden, nämlich enthusiasmiert oder erschreckt, triumphal gestärkt oder von bösen Gedanken gepeinigt. Also: Der Künstler beseelt denjenigen, der mit Kunstwerken, gestalteten Objekten, Texten, Musiken, umgeht. Und diese Auffassung ist ja kein Sakrileg, sondern das Gegenteil der primitiven Annahme, die beseelende Kraft stecke in den toten Objekten selber. So wie sich das Souvenir nicht selber erinnert, sondern Erinnerung anregt, bringen Amulette und Talismane nicht Teufel oder Tugend auf den Leib, sondern animieren den Träger. Animation ist heute Mittelpunkt jeder Vermittlung zwischen Menschen, die über Objekte (incl. sprachlicher Vergegenständlichung) läuft: Als filmische Animation und als kulturtouristische Animation. Bazon Brock führte 1959 die Berufsbezeichnung Animateur/Animator in die Kulturberufe ein.

Anmutungsqualität
Das museale Objekt ist ein authentisches Objekt. Damit ist es Dokument und Zeuge. Doch weil Authentizität mehr meint als Echtheit und Originalität, kommt beim musealen Objekt neben dem Zeugnischarakter noch eine andere Dimension ins Spiel. Und zwar ist dies eine sinnliche Anmutungsqualität, die Ausgangspunkt für die faszinierende Objektwelten des Museums ist. Gottfried Korff, Martin Roth: Einleitung. In: Dies. (Hrsg): Das historische Museum. Labor, Schaubühne, Identitätsfabrik. Frankfurt/New York: Campus Verlag und Editions de la Maison des Sciences l'Homme. Paris: 1990, S. 9-37, S. 17.

Andenken
Gegenstand, mit dem wir eine Geschichte verknüpfen, dem wir dadurch Bedeutung und Erinnerungsmächtigkeit verleihen.

Abwesenheit
Kameraleute filmen die Leerstelle (und ihren Schatten), den gestohlene Bilder von William Turner in der Frankfurter Ausstellungshalle Schirn hinterlassen haben.

Ahnen
(Ahnenfurcht) Ohne über die primitivsten Kenntnisse zu verfügen, bin ich in das ethnographische Museum [in Wien] gegangen. Ein jeder Saal des Mezzanin ist die Folterkammer eines Volkes, eines Stammes. In welcher Hölle leben fast alle! Immer wollen die Toten über sie herfallen wie die schwärmenden Haie, wie die riesigen, rote Strahlen tragende Bandfische, die sich schimmernd durch die Heringsschwärme winden; [...] Der Schrecken der Maske soll den Schrecken des Totenreichs, des Dämonensturms bannen; je mehr Schrecken der Mensch freiwillig annimmt, um so besser fühlt er sich beschützt, sees in Neapel oder besser Neuguinea [....]; unter den wie in Regalen sorgfältig aufgestellten Schädeln der Feinde lehnen die Ahnenschilde. Sind die Ahnen versöhnt? (Die Toten sind böse. Alles ist böse, das nicht die Angst des Lebens teilt.) Aber auch die Toten haben Angst. Man muß ihnen - wie den Schächern - die Beine zerbrechen, sonst schleichen sie sich ein. Aus den kunstreichen Bildnissen der Toten steigen geschwungene Stoßzähne wie Kerzen - und vorzüglich wurden vom selben afrikanischen Stamme [...] die europäischen Eroberer in ihrer rücksichtslosen Härte porträtiert. Aus: Reinhold Schneider, Winter in Wien siehe auchStendahl-Syndrom